Bürgerbeteiligung die zweite: Der neue Messdi soll zu einer Bewegung werden.
Bewusst groß gedacht wurde der Messdi ab 2024 bei der zweiten Runde der Bürgerbeteiligung am Mittwochabend (5. Oktober) im Kultur-Café: Die neu ausgerichtete Veranstaltung soll zu einer Bewegung werden, in der sich möglichst viele Kehlerinnen und Kehler für ihr Volksfest engagieren und dafür werben. Vorschläge für ein erstes Konzept wurden erarbeitet und sollen nun von einer kleineren Redaktionsgruppe zu einer Vorlage für den Gemeinderat zusammengefasst werden.
Innerhalb von zwei Stunden, versprach Moderator Martin Müller, werde man „Nägel mit Köpfen machen“ und eine klare Ausrichtung für den neuen Messdi gefunden haben. Er sollte Recht behalten: Die mehr als 30 Kehlerinnen und Kehler diskutierten engagiert und hielten ihre Vorschläge für den Messdi auf Flipcharts fest. Grundlage für die Gruppenarbeiten waren die Ergebnisse aus der ersten Bürgerbeteiligungsrunde vom Juli, die von sechs Gruppen über den Sommer hinweg konkretisiert worden waren und zwar zu den Themenfeldern: Veranstalter, Einzelhandel, Vereine, Programm, Finanzen und Öffentlichkeitsarbeit.
Breiten Raum in der Diskussion im Plenum nahm in der zweiten Runde das Thema Finanzen ein: Nach einem Bericht von Messdi-Organisator Walter Irion war schnell klar, dass das Budget für das größte Volksfest der Ortenau mit 160 000 Euro für vier Tage sehr knapp bemessen ist. Eigentlich hätte er gerne gemeinsam mit dem städtischen Kulturvermittler Julien Schaffhauser beim Messdi einen Newcomer-Wettbewerb organisiert, doch die dafür notwendigen 30 000 Euro konnten nicht gefunden werden. „Meine größte Sorge war immer die schwarze Null“, erklärte Walter Irion und fürchtet, dass diese Vorgabe schon 2023 aufgrund der allgemeinen Kostensteigerung kaum haltbar sein wird.
Für Martin Müller war der Bericht des langjährigen Messdi-Organisators Anlass, die Teilnehmenden im Kulturhaus aufzufordern, groß zu denken: „Wir haben etwas richtig Großes vor; wir liefern ein Konzept, bei dem die ganze Stadtgesellschaft mitwirkt“, ermunterte er die Frauen und Männer im Kultur-Café, ihre Ideen sprudeln zu lassen. Dass der Messdi bereits eine Marke ist, darüber bestand Einigkeit, in Zukunft soll er aber stärker auch zur Markenbildung für Kehl und zur Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls zwischen der Kernstadt und den Ortschaften beitragen.
Als Dreh- und Angelpunkt wurden hier die Vereine gesehen. Die haben jedoch auch finanzielle und personelle Probleme und brauchen Unterstützung, um beim Messdi dabei sein zu können: Vereine sollten sich daher eher beim Bühnenprogramm präsentieren als Getränke- oder Essensstände betreiben zu müssen, schlug eine Vereinsvertreterin vor. Wie beim Weihnachtsmarkt sollte es die Möglichkeit geben, dass sich Vereine einen Stand teilen und dadurch nicht an allen vier Messdi-Tagen präsent sein müssen. Auf Standgebühren sollte möglichst verzichtet werden.
Mit Bühnen mit Tagesprogramm an den beiden Enden der Fußgängerzone könnten die bislang weniger frequentierten Randbereiche des Messdis belebt werden, lautete ein weiterer Vorschlag, der viel Unterstützung fand. Den Einzelhändlern sollte mehr Platz vor ihren Geschäften bleiben, damit sie dort Aktionen für ihre Kunden anbieten können. Gleich von zwei Arbeitsgruppen wurden Ruhebereiche angesprochen, also Plätze mit Tischen und Bänken, an denen man sich ungestört unterhalten und vom Messdi-Lärm erholen kann. Während die eine Gruppe diesen Bereich vor dem Kulturhaus sah, verortete ihn die andere im Rosengarten und am Altrhein. Die Altrhein-Befürworter könnten sich nämlich beim Kulturhaus die Bühne für den Newcomer-Wettbewerb vorstellen, auf der auch der Stadtjugendring ein Programm für das jüngere Publikum gestalten könnte.
leinkunst, Straßenmaler, Pantomimen oder Stelzenläufer wünschten sich einige der Teilnehmenden beim Messdi als Ergänzung zur Musik, die sich, auch hier bestand Einigkeit, nicht überlagern sollte. Auf einer Großleinwand ließen sich wichtige Sportereignisse übertragen, die zeitgleich mit dem Messdi stattfinden; eine solche Projektionsfläche könnte gleichzeitig den Vereinen eine Möglichkeit bieten, sich zu präsentieren. Thementage – der Donnerstag für Männer, der Freitag für Frauen, der Samstag für Pärchen und der Sonntag für Familien – könnten die Attraktivität des Messdis steigern, wenn die Einzelhändler für diese Zielgruppen dann spezielle Angebote machten, lautete ein weiterer Vorschlag.
Eine City-Tombola, eine Charity-Aktion und Werbeartikel wie der Messdi-Bändel oder der einheitliche Messdi-Becher könnten die Marke Messdi nicht nur befördern, sondern schon beim Messdi 2023 auf die neue, veränderte Ausgabe 2024 einstimmen. Auch ein Wettbewerb für einen Messdi-Song könnte rasch ausgelobt und vom Publikum beim Messdi 2023 aus drei oder vier Einsendungen ausgewählt werden. Dass Menschen aus mehr als 120 Nationen in Kehl leben, könnte das Volksfest kulinarisch bereichern, aber auch zum Programm beitragen.
Dieses Ideenfeuerwerk wird eine siebenköpfige Redaktionsgruppe um Kehl-Marketing-Geschäftsführerin Fiona Härtel nun zu einem neuen Messdi-Konzept und einer Vorlage für den Gemeinderat zusammenfassen. Bereits 2023, wenn das City Forum den Messdi letztmals organisiert, könnten erste Ideen ausprobiert werden, ließen die Teilnehmenden im Kultur-Café durchblicken. „Dann bringt jeder noch fünf andere mit“, fordert Martin Müller den Teilnehmerkreis auf, „dann entsteht eine Bewegung“.
Oberbürgermeister Wolfram Britz, der sich in der Diskussion bewusst zurückgehalten hatte, zeigte sich am Ende des fast dreistündigen Workshops „wirklich glücklich über die Beteiligung“. Weil ihm der Messdi wichtig sei, habe er zur Bürgerbeteiligung eingeladen.